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Das Spin-Off "TonalityTech" unseres Lehrstuhls wurde in der Samstagsausgabe vom 24.10.2015 der Börsenzeitung vorgestellt

Über TonalityTech:
When reading Investor Updates, investors must decide between three options: Sell, Keep, Buy. We identify which words are relevant to investor decision-making and provide you with a range of improved, alternative substitutions where required to maximize your stock market valuation. 

This knowledge is contained in our Add-In for Microsoft Word, which highlights words depending on their perception by investors and provides suggestions for better, alternative options.

Hier geht es zum Artikel als PDF.

Mehr Informationen zu TonalityTech:
http://www.tonality.tech

 

Der Ton macht die Musik  und auch den Aktienkurs
Börsen-Zeitung, 24.10.2015

Aktienkurse bewegen ist für ein Unternehmen ganz einfach. Es muss nur eine Pressemitteilung mit den entsprechenden Schlüsselwörtern versenden, die bei Investoren Pawlow’sche Reflexe auslösen. Etwa so: ,,Außerordentliche Abschreibung - Auftragsverschiebung - Restrukturierungsprogramm - CEO und CFO verlassen das Unternehmen mit sofortiger Wirkung, um mehr Zeit mit der Familie zu verbringen‘‘ - eine Unternehmensmeldung mit diesem Giftcocktail garantiert den freien Fall des Aktienkurses binnen wenigen Sekunden. Also, sag es besser: ,,Unerwarteter Sonderertrag aus Rückstellungsauflösung - Großauftrag - KapazitÌtsausbau - Verträge von CEO und CFO um weitere fünf Jahre verlängert‘‘ ist der Garant für den Kursbooster.

Hilfe von Big Data

Das einzige Problem: Wahrheitsbeugung bis kurz vor dem Bruch ist ja erlaubt, aber freches Lügen streng verboten. Doch plattes Flunkern muss nicht sein. Bekanntlich macht der Ton die Musik  und auch den Aktienkurs.

Abhilfe dabei, den richtigen Ton in der Pressemitteilung zu treffen, verspricht eine neue Software, die von einem Team in der Abteilung für Wirtschaftsinformatik der Uni Freiburg entwickelt wurde. Das Programm ermittelt mithilfe von Big-
Data-Technologie, wie Investoren voraussichtlich auf Wörter und Formulierungen in Finanznachrichten reagieren. ,,Mithilfe unserer Software können Unternehmen wissenschaftlich fundierte Entscheidungen bei der Kommunikation mit Investoren treffen, um den Unternehmenswert zu steigern‘‘, sagt Stefan Feuerriegel. Er ist beteiligt an dem Projekt, das an der Uni unter der wissenschaftlichen Koordination von Dirk Neumann läuft und als Tonality Tech GmbH ausgegründet werden soll. Ist die Software aus Freiburg im Textverarbeitungsprogramm installiert, so schlägt sie nach Angaben der Entwickler zu bestimmten Schlüsselwörtern Alternativen vor, die bei Investoren besser ankommen. Denn die Wissenschaftler aus Baden haben empirisch ermittelt: Eine negative und schlecht formulierte Pressemitteilung sorgt dafür, dass der Aktienkurs um bis zu 2,7% sinkt. Ein großer, internationaler Pharmahersteller teste die Software bereits, sagen die Entwickler.

Interessant wird das Computerprogramm vor allem, wenn man berücksichtigt, dass sogenanntes Algo-Trading - also der automatisierte Aktienhandel - schon für rund zwei Drittel des Volumens steht und dass die Handelsalgorithmen dabei nicht nur die nackten Zahlen und Fakten, sondern zunehmend auch die Tonalität der Unternehmensmitteilung
berücksichtigen.

Nach Angaben von Tonality Tech liegt dem Programm ein Textkorpus aus über 100 000 Unternehmensmeldungen zugrunde, um die kursrelevanten Wörter bislang nur auf Englisch identifizieren zu können. Böse Wörter mit potenziell negativer Wirkung leuchten rot auf, die guten blau.

Zum Beispiel sei das Wort ,,announce‘‘ in Unternehmensmeldungen negativ konnotiert, sagt Feuerriegel, besser auf den Aktienkurs wirke das Verb ,,publish‘‘. Und ,,improve‘‘ sei zwar positiv belegt, aber ,,increase‘‘ noch besser. Verführt eine solche Software nicht geradezu zum Flunkern, wenn der Kommunikationschef auf dem Bildschirm buchstäblich mehr Rot sieht, als sein CEO kurz vor der anstehenden Vertragsverlängerung zu ertragen gewillt ist? Nein, nein, die Entwickler wollen die Software so verwendet wissen, dass man mit ihrer Hilfe bewusster schreibt und nicht etwa unbeabsichtigt negativ konnotierte Wörter verwendet oder gar unfreiwillig zu positiv formuliert.

Versuch und Versuchung

Wie das Werkzeug schließlich benutzt wird, dafür sind die Entwickler nicht verantwortlich - genauso wenig wie ein Hersteller von Brotmessern für potenziellen Missbrauch des Schneidgeräts. Aber da beim Versuch, präzise zu formulieren, wohl auch immer mal die Versuchung auf der Hand liegt: Jetzt wird es höchste Zeit für Algo-Trader, eine Software zu entwickeln, die algorithmusgestützt frisierte Mitteilungen erkennen und gegebenenfalls entsprechend wertberichtigen kann.

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